Herrliche Granitkletterei in der Silvretta

Litzner – Seehorn-Überschreitung

Nachdem wir im letzten Jahr wegen des schlechten Wetters unsere Silvretta-Durchquerung nicht ganz zu Ende gebracht hatten, sollte dies 2008 nachgeholt werden. Es erwartete uns eine prächtige Klettertour im festen Urgestein.

Im Juli 2008 sind wir am Vermundstausee gestartet und stiegen bei strahlendem Sonnenschein in zwei Stunden zur Saarbrücker Hütte auf. Nach dem üppigen Abendessen wurde die Tour auf der Hütte mittels Fotos und Topos nochmals intensiver vorbereitet, da wir die Tour ggf. auch in Wolken selbst finden mussten. Wegen des nicht ganz stabilen Wetters war klar, dass wir am Berg einerseits zügig unterwegs sein sollten und auch niemand vor uns sein würde.

 

 

Aufstieg zum Litzner

Am Samstagmorgen ging es zunächst über Schneereste und Geröll hinauf zum Litzner-Sattel und von dort aus über steilere Schneerinnen zum Einstieg, welchen wir nach einer Stunde erreicht hatten. Nun steigt man zunächst zum Blockgrat auf und quert im ausgesetzten Felsgelände in leichter Kletterei im zweiten Schwierigkeitsgrad hinauf zum eigentlichen Gipfelaufbau des Großen Litzner. Dort haben wir nach einer kleinen Trinkpause die schweren Bergstiefel gegen Kletterschuhe getauscht und sind in die schöne Urgesteinskletterroute eingestiegen.

Bei guter Fernsicht haben wir die beiden kleinen Überhänge (4-) gut gemeistert und nach beeindruckenden Tiefblicken gegen 11 Uhr das Gipfelkreuz des großen Litzner erreicht. Nach dem herrlichen Rundblick auf Piz Bernina, Ortler und die Drusentürme im Rätikon und einer kleinen Stärkung ging es über drei Abseilstellen hinab in den Sattel, denn der Große Litzner sollte ja nicht der letzte Gipfel an diesem Tag sein.

 

Am schmalen Grat

Das Gratgelände zwischen Litzner und Seehorn ist zwar schwierigkeitsmäßig leichter als zuvor, jedoch dennoch so exponiert, dass ein Stolpern leicht in der Tiefe endet. Wegen der langen Strecke ist ein klassisches Seilschaftssichern hier auch nicht möglich. Es bietet sich das sogenannte Sichern am Laufenden Seil an, bei dem sich zwei Kletterer ins Seil einbinden und gleichzeitig klettern, während Zwischensicherungen gelegt werden. Dies ist eine schnelle Alternative und in jedem Fall besser, als hier ungesichert unterwegs zu sein.

 

Am laufenden Seil ging es nach dem Abseilen weiter bis zum Großen Seehorn. Die Route führte zumeist an der Nordseite entlang und über ein beeindruckendes Schneefeld am Grat, vorbei am so genannten „Notausstieg“, der uns von oben sehr steil und gefährlich vorkam. Weiter ging es im zweiten Schwierigkeitsgrad, dem Südost-Grat folgend hinauf zum Gipfel des Großen Seehorns.

 

 

Abseilfahrt vom Großen Seehorn

Nachdem wir die Aussicht zur Genüge genossen hatten, kam gemäß Routenbeschreibung die große Abseilfahrt sechs Seillängen hinunter in die NW-Flanke des großen Seehorns. An dieser Stelle sei angemerkt, dass zum Abseilen mindestens ein 50-Meter-Seil benötigt wird. Am Fuß des Berges sind wir noch über ein großes Schneefeld abgefahren und waren gegen 16 Uhr wieder zurück an der Hütte. Dort haben wir dann erfahren, dass die zweite Seilschaft, die an diesem Tag hinter uns am Grat unterwegs war, wegen Sturz und ausgekugelter Schulter vom Helikopter auf dem Grat zwischen Litzner und Seehorn abgeholt werden musste.

Bei einem geselligen Abendessen, das wieder vorzüglich geschmeckt hat, haben wir stolz von unserer Tour berichtet und den Abend gemütlich ausklingen lassen.                                                                                          

 

 

Fotos und Text: Anita Barfknecht, Sven Henninger, Klaus Berghold

Infobox

Aufstieg

vom Vermuntstausee (1770 m) – Saarbrücker Hütte(2538 m) ca. 2–2 1/2 Std.

Tour

Saarbrücker-Hütte – Großer Litzner – Seehorn – Seelücke – Saarbrücker Hütte; 3–4 Stunden bis zum Litzner-Gipfel.
Für die Gesamtüberschreitung zum Großen Seehorn mit Abstieg zur Hütte 7–9 Stunden

Charakter

Klassisch alpine und sehr empfehlenswerte Urgesteinskletterei auf zwei imposante Felsgipfel. Eine der schönsten
Gratüberschreitungen der Silvrettagruppe in gutem Fels und mit einem herrlichen Panorama. Die Hauptschwierigkeiten
konzentrieren sich auf den schlanken Felsturm des Litzners und den Abstieg vom Seehorn. Falls dort abgeseilt wird, ist
ein 50 m Seil obligatorisch.

Schwierigkeit

Kletterstellen 4-, meist 2; vor allem der Aufstieg zum Litzner und der Abstieg vom Seehorn verlangt Sicherungserfahrung im Hochgebirge

Copyright Klaus Berghold für Bilder und Text

 

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